Evangelische Stadtkirche
Die evangelische Stadtkirche, ehemals Sankt Margarethen. Als dreischiffige romanische Säulenbasilika von dem Fuldaer Abt Ratgar erbaut, wurde sie am 20. September 812 vom Mainzer Erzbischof Richolf geweiht. Der Kirche wurde ein großer Sprengel beigegeben, der weit bis in den Vogelsberg und den Knüll und bis vor die Tore von Alsfeld reichte. Der Fuldafluss bildete seine östliche Grenze. Der Grenzbeschreibung dieses Schlitzer Kirchensprengels verdankt eine Reihe von heute bedeutenden Orten ihre erste urkundliche Erwähnung.
Die Kirche in Schlitz ist eine der ältesten steinernen Sakralbauten, die außerhalb des unmittelbaren Fuldaer Klosterbezirks errichtet wurden. Bei ihrer Erbauung und bei der Beschreibung ihres Kirchensprengels haben territoriale Abgrenzungen zum Kloster Hersfeld eine Rolle gespielt.
Die Baugeschichte der Kirche hat den Fachleuten in der Vergangenheit große Rätsel aufgegeben. Bei Renovierungsarbeiten, die in den Jahren 1963 - 1966 durchgeführt wurden, konnten aber schlüssige Erkenntnisse darüber gesammelt werden, die durch Ergebnisse intensiven Quellenstudiums bekräftigt wurden:
Die ursprüngliche Basilika stand auf der höchsten Stelle des Berges, dem jetzigen Westteil des Kirchenschiffes. Etwa in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde an die Ostseite der Basilika + Turm ein Querbau angefügt, dessen Schmalseiten nicht ganz in der Fluchtlinie der Basilika stehen. Im Kircheninnern befindet sich am SO - Pfeiler des Turms ein bemerkenswertes, aus einem Stein gehauenes monolithisches Weihwasserbecken.
Unter staufischem Einfluss wurden gegen Ende des 13. Jahrhunderts der Chor mit seiner halbrunden Apsis, die Hauptgruft unter dem Chor und die Sakristei mit ihrer bemerkenswerten Apsidiole erbaut. Im 12. Jahrhundert wurden dann Querbau und Turm erhöht, in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts kamen die Barbarakapelle und der oktogonale Aufbau des Turmes dazu. Im Westteil wurde das vierfach gestufte Portal eingebaut, das zur 1100- Jahrfeier der Kirche mit einem sandsteinernen Tympanon versehen wurde. Dieses schuf der Bildhauer und damalige Direktor der Weimarer Kunstschule Graf Emil Friedrich von Schlitz genannt von Görtz.
Einem seiner Vorfahren aus der Ottoburger Linie der Familie, Georg Heinrich von Schlitz g. v. Görtz, wurde in der Barbarakapelle ein Gedenkstein errichtet. Er war Minister des schwedischen Königs Karl XII., wurde nach dessen Tod im Jahre 1718 unter Anklage gestellt und nach einem politischen Prozess ohne stichhaltige Beweise 1719 enthauptet, später rehabilitiert. Sein Leichnam ruht in der Gruft unter der Barbarakapelle, nachdem ihn seine treuen Diener unter schwierigen Umständen von Stockholm nach Hamburg und später nach Schlitz gebracht hatten.
Schon seit dem 13. Jahrhundert hatte man versucht, die verschiedenen Bauteile zu einem einheitlichen Kirchenraum zusammenzufassen. Dabei mussten die Außenwände der alten Basilika erhöht und verlängert werden. Außerdem wurden die niedrigen Turmbögen in beide Richtungen erhöht (1561) und die gemauerten Innenbögen mit Pfeilern (Arkaden) der ehemaligen Basilika entfernt (1713), was zu erheblichen statischen Problemen führte. Der fast 30 Meter hohe Spitzhelm des Turms ist ein beachtliches (Fach-)Werk des 17. Jahrhunderts. Die im Volksmund als „Paradies“ bezeichnete südliche Vorhalle der Kirche erhielt 1557 einen Renaissancegiebel, er trägt im Giebelfeld ein Bekenntnis zum protestantischen Glauben. Die barocke Stuckdecke von 1639 enthält in drei Mittelfeldern ein religiöses und ein politisches Bekenntnis. Die beiden Seitentürmchen im Süden und Norden dienten als Treppentürme zu Emporen, die, gegen Ende des 16. Jahrhunderts errichtet, im Laufe der letzten Restaurierungsarbeiten entfernt wurden.
Im Innern befinden sich mehrere bemerkenswerte Epitaphe, darunter einer (für Agnes von Görtz, 1560) des Frankenberger Bildhauers Philipp Soldan, einer für Georg Heinrich von Schlitz und eine Kopie des so genannten Simonsteins von 1181 mit der ältesten Darstellung des Schlitzer Wappens. Bemerkenswert ist auch der Taufstein von 1467.